Geht doch!

17.03.2020

Vor vier Wochen habe ich mich vor Corona ebenso wenig gefürchtet wie vor Ebola oder der Beulenpest. Und jetzt ist das neue Virus hier und krempelt unser ganzes Leben um.

Das sind keine guten Zeiten, auch nicht für Journalist*innen und Moderator*innen, die mit Menschen sprechen, um Neues zu erfahren, und nicht nur mit Telefonhörern.

Kann man daraus irgendetwas lernen? Außer dass die Extremglobalisierung keine gute Idee war? Was wir ja auch schon vorher wussten. Aber was kann man noch daraus lernen, hat mich die Redaktion der Sendung Politikum auf WDR 5  gefragt.

Wenn die Lage Ernst ist, mutet die Politik den Menschen dramatische Einschränkungen zu. Und die allermeisten nehmen es hin, weil sie sehen, dass es sinnvoll ist. Ließe sich das nicht auf andere Politikbereich übertragen?

Sars, Mers und Corona haben uns gelehrt: Um die schnelle Ausbreitung von Covid-19 abzuwehren, muss schnell gehandelt werden. Bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten gibt es Momente, in denen man mit relativ kleinen Maßnahmen ganz viel Gefahr abwenden kann. Lässt man die verstreichen, wird es schlagartig sehr viel schwieriger, wenn nicht unmöglich, die weitere Ausbreitung zu verhindern.

Solche Momente gibt es auch in der Klimaforschung: tipping points werden sie dort genannt, Kipp-Punkte: Wenn die Eiskappen an den Polen abschmelzen oder die Permafrostböden der Tundra auftauen zum Beispiel.

Seit in Norditalien an einem einzigen Tag mehr als hundert Menschen an CoVid-19 gestorben sind, ist der Ernst der Lage erkannt. Nicht zu handeln, wäre tödlich – das haben die Politiker gesehen – und deshalb wird gehandelt, und zwar nicht zu knapp. Es ist einiges, was die Politik den Menschen gerade zumutet, Home Office, Schulschließungen, Versammlungsverbot und quasi eine Ausgangssperre. Für viele Unternehmen und Freiberufler bedeutet das einen enormen wirtschaftlichen Schaden. Was für Einschnitte! Und niemand protestiert.

Es zeigt sich: Wenn der Ernst der Lage erkannt ist, kann man den Menschen enorme Veränderungen zumuten. Daraus lässt sich einiges lernen – nämlich für all die anderen Politikfelder, in denen Wissenschaftler schon lange den Ernst der Lage erkannt haben und mit großer Dringlichkeit Veränderungen einfordern. Die Klimakrise und der enorme Verlust der biologischen Vielfalt, den Biolog*innen als sechstes großes Massenaussterben der Geschichte bezeichnen. Auch hier ist klar – ebenso wie bei Corona-Pandemie: Einfach weitermachen ist gefährlich. Wir müssen handeln – und Einschränkungen akzeptieren, beim Reisen, beim Konsumieren, beim Essen, und je eher wir damit anfangen, desto eher haben wir eine Chance, den Schaden zu begrenzen. Zu verhindern, dass die Situation kippt und wir die Kontrolle ganz verlieren. Nehmen wir die Corona-Krise als Chance für kollektives Lernen. Ein anderes Leben ist nötig. Es ist auch möglich. Und es wird sich am Ende auszahlen.

Hier im Podcast vom Politikum auf WDR 5 ab morgen nachzuhören!