Tierärzte kritisieren die Hochleistungszucht bei Milchkühen

05.06.2020

Am Weltmilchtag am 1. Juni hat Holger Vogel, der Präsident der Tierärztekammer von Mecklenburg-Vorpommern, die Zucht von Hochleistungskühen im NDR kritisiert, und zwei Tage später hat Agrarfachzeitschrift Top Agrar darüber berichtet.

„Tierärzte kritisieren Ziele der Milchviehzucht“ lautete die Überschrift, und im Text fand sich ein Zitat von Vogel:

„Die Frage, ob Nutztiere so gezüchtet wurden, dass sie eine Qualzucht darstellen, die ist in höchstem Maße berechtigt.“ Die Kühe würden absolut an ihre Leistungsgrenze gebracht und das mache sie krank. (Hier können Sie den Top-Agrar-Artikel nachlesen.)

Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll oder ärgern. Vor fünf Jahren habe ich das Buch „Die Wegwerfkuh“ veröffentlicht, die genau diesen Zustand kritisiert: die Zucht auf extreme Höchstleistung bei Kühen, der viele viele Kühe sehr jung zum Opfer fallen. Schon damals war die Forschung dazu eindeutig: Die Kühe geben so unfassbar viel Milch, dass sie sich selbst ausbeuten. Es gibt einige wenige Kuhzauberer unter den Landwirt*innen, die solche Höchstleistungskühe lange gesund halten können. Aber im Durchschnitt werden die Hochleistungskühe gerade einmal fünf Jahre alt! Obwohl sie locker zwanzig Jahre alt werden könnten.

Mein Verlag, Blessing, hat für mein Buch im landwirtschaftlichen Wochenblatt werben wollen – doch der hat die Anzeige empört zurückgewiesen. Böse! Bauernbashing! Geht gar nicht!

Und in einer Landwirtschaftsschule in Niedersachsen wurden die Poster, die eine Lesung mit mir ankündigten, runtergerissen. So darf man nicht über die Landwirtschaft reden, das war offenbar die Botschaft.

Nun, fünf Jahre später, bekommen die Landwirte es doch zu hören, dass etwas nicht stimmt mit dem System Hochleistung und der Nutzungsdauer. Vom Präsident einer Tierärztekammer.

Für die Kühe und für diejenigen unter den Landwirte, die nach Lösungen suchen (und dazu gehören vor allem bessere Preise für Milch!) freut mich das sehr.

 

Hoffentlich ändert sich endlich etwas, jetzt, wo die Fachpresse das Thema nicht mehr verdrängt. Hoffentlich demonstrieren die Landwirte bald nicht mehr gegen die Düngeverordnung und den Insektenschutz, sondern für faire Preise und weniger Wettbewerbsdruck in der Landwirtschaft, damit sie ihre Tiere – und sich selbst – weniger ausbeuten müssen.