Katastrophe mit Ankündigung! Sonntag im Presseclub und in ttt

27.06.2020

Endlich sind die Zustände in der Fleischindustrie ein Thema geworden. Es brauchte erst einen katastrophalen Corona-Ausbruch bei einem der Mega-Schlachthöfe von Tönnies, um das Leugnen der lange bekannten Missstände zu beenden.

So viele haben so lange und immer wieder das System Billigfleisch kritisiert: Tierschützer*innen, Landwirt*innen, denen ihre Tiere am Herzen liegen, Naturschützer*innen und Journalist*innen, die Gewerkschaften und sogar ein mutiger katholischer Priester, der Prälat Peter Kossen.

Vor gefühlt hundert Jahren habe ich das Buch „Die Einkaufsrevolution“ veröffentlicht, in dem ich gezeigt habe, dass wir dringend anders konsumieren müssen und dass wir nicht länger auf Kosten von Umwelt, Tieren, Landwirten und Arbeiterinnen konsumieren dürfen. Und meine war nur eine Stimme von vielen, die das Elend beschrieben haben und Änderungen gefordert haben.

Jetzt hat der Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück den ganzen Kreis Güterloh lahmgelegt, jetzt ist es endlich vorbei mit dem Leugnen und Ignorieren und Schönreden.

Jetzt muss sich endlich etwas ändern, und zwar nicht nur an den Arbeitsbedingungen im Schlachthof, sondern im ganzen System:

Die bäuerlichen Familienbetriebe müssen genug Geld bekommen, um ihre Ställe tiergerecht umzubauen und um selbst von ihrer Arbeit ohne Existenzsorgen leben zu können.

Die Dringlichkeit des Massenaussterbens von Arten muss endlich auch in der Landwirtschaft berücksichtigt werden. Ackerbau und Tierhaltung müssen so verändert werden, dass sie biologische Vielfalt und natürliche Ressourcen – Luft, Boden und Wasser – erhalten und nicht gefährden. Das geht nicht zu Weltmarktpreisen!

Aber möglich ist es: Der beste Schutz von Biodiversität ist es, Tiere auf die Weide zu lassen. Jeder Kuhfladen ist eine Quelle des Lebens für tausende von Insekten, die wiederum Vögel ernähren, deren Küken zur Zeit auf den Äckern verhungern.

Hunderte von Landwirtinnen und Landwirten haben vorgemacht, dass es möglich ist, Tiere anständig zu mästen.

Wenn jetzt aber Agrarpolitikerinnen der CDU-Fraktion fordern, der Bundestag solle eine Machbarkeitsstudie beauftragen, um herauszufinden, wie man die Tierhaltung denn verbessern könne, ist das ein ziemlich dreiste Verzögerungstaktik.

Denn diese Studie gibt es längst: Der wissenschaftlich Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat das alles vorgerechnet, schon vor Jahren, und das Interesse an dieser Studie war so groß, dass die Autoren vor lauter Vortragsanfragen aus dem ganzen Land beinahe nicht mehr zum Arbeiten gekommen sind.

Gleichzeitig schreien die Naturschützer im Münsterland ihre Sorgen nur so heraus: Wir stehen vor einem Ökozid, wir sehen die Kiebitzbestände vor unseren Augen zusammenbrechen! Und dabei geht es nicht um eine possierliche Vogelart, sondern um einen Indikator für das ganze Ökosystem an sich.

Gleichzeitig geht das Höfesterben weiter. Der bäuerliche Mittelstand auf dem Land hat sich bis aufs Äußerste an die Bedürfnisse der Fleischexportindustrie angepasst, sich hoch verschuldet – und ist doch existenziell gefährdet.

Das alles muss sich ändern, und zwar jetzt. Die Lösungen sind bekannt, es gibt keinen Grund, sie jetzt weiter zu vertagen.

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